Kahlschlag im Torfwald Sumatras

Weltmeister der Regenwaldzerstörung

taz, 25.8.06

Brandrodung und Abholzung auf Sumatra erreichen Rekordniveau. Profiteure sind Papierkonzerne, die ihre Rohstoffe aus dem Kahlschlag beziehen. Unterstützt wird die Zerstörung mit Krediten, Bürgschaften und Abnehmern aus Deutschland

Aus Victoria
Jens Wieting

Dicke Luft auf der indonesischen Insel Sumatra: Brandrodungen zerstören große Flächen des dortigen Regenwaldes. Die Rauchschwaden aus Sumatra reichen bis nach Singapur, Thailand und Malaysia. Viele Menschen tragen wegen der verschmutzten Luft Mundschutzmasken. Autofahrer schalten auch bei Tageslicht Scheinwerfer ein, und Flüge werden wegen der schlechten Sicht abgesagt. Viele dieser Brände werden aus wirtschaftlichen Interessen gelegt, um genügend Platz für Plantagen der Papier- und Palmölindustrie zu schaffen - und geraten dann nicht selten außer Kontrolle.

Allein im Juli wüteten in der Provinz Riau auf Sumatra 1.419 Waldbrände, berichtet die indonesische Umweltorganisation "Eyes of the forest". "Einmal entfacht, sind die Brände oft kaum noch zu stoppen", so ein Sprecher der Umweltorganisation Jikalahari. Indonesien verliert durch Brände und Abholzung jedes Jahr 3,5 Millionen Hektar seines Regenwaldes - das ist Weltrekord. Zu den großen Profiteuren der Brandrodung zählen die Papier- und Zellstoffkonzerne APP und APRIL. Sie beziehen 70 Prozent ihres Rohstoffs aus dem Kahlschlag des Regenwaldes. Beide Konzerne sagen ihren Kunden zwar seit Jahren zu, dass sie ihren Bedarf schon in naher Zukunft gänzlich aus Akazien-Plantagen decken würden. Doch die bisher angelegten Plantagen produzieren nicht so viel Holz wie versprochen.

Nach Angaben des WWF schreitet die Entwaldung in Riau am schnellsten voran. Dort hätten alleine APP und APRIL im Jahr 2005 zusammen etwa 460 Hektar Regenwald täglich vernichtet. Die Provinz hat etwa die Größe Österreichs und innerhalb der letzten 20 Jahre mehr als die Hälfte ihrer Waldfläche verloren. Auch Deutschland ist an dieser Entwicklung beteiligt.

So haben etwa die Deutsche Bank, die Dresdner Bank, die Hypovereinsbank und die Commerzbank die Finanzierung von APP unterstützt. Auch die Bundesregierung förderte APP mit Hermes-Bürgschaften in Höhe von 350 Millionen Euro für Geschäfte mit deutschen Partnern. Papierprodukte von APP und APRIL sind im deutschen Handel zu finden. Nach Protesten von Robin Wood haben Karstadt, die Metro-Gruppe und die Deutsche Post Produkte von APP und APRIL bereits aus dem Sortiment genommen. Die Hamburger Papier Union bezieht dagegen Papier bei APRIL. "Es gibt keine Entschuldigung für Händler mit verantwortungsvoller Einkaufspolitik, bei Unternehmen einzukaufen, die schutzwürdige Wälder zu Zellstoff verarbeiten", sagt Duncan Pollard, Direktor des globalen Waldprogramms des WWF.

Die Zerstörung des Regenwaldes geht auf Kosten von vielen Tier- und Pflanzenarten. Sumatra-Tiger und Sumatra-Elefanten sind vom Aussterben bedroht. Die Torfsumpfwälder mit ihren mehr als drei Meter tiefen Torfschichten sind stark feuergefährdet. Wenn sie in Brand geraten, werden große Mengen Kohlenstoff freigesetzt, der in den Torfböden gespeichert ist. Allein der Torfboden der Provinz Riau bindet eine Menge an Kohlenstoff, die der weltweit jährlichen Emission aus fossilen Brennstoffen entspricht. Dennoch erhielten die Papierkonzerne Konzessionen auf Torfstandorten und haben mit dem Kahlschlag begonnen.